Literatur auf der Straße

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Am Rande der Stadt auf einer Parkbank sah ich ihn mit einem Buch in der Hand „Die Säulen der Erde“. Wie ich es von meinen Eltern gelernt habe sagte ich einfach mal „Guten Tag“ der Gruß wurde entgegnet und ich kam mit dem Mann mittleren Alters ins Gespräch. Seine Kumpels nennen ihn den Professor. Neben ihn ein Einkaufswagen mit Rucksack, Tüten und Schlafsack und noch ein paar Utensilien. Ich bot ihm einen Apfel an, den er dankend annahm und der Professor und ich vertieften unser Gespräch.

Mit seinen 52 Lenzen lebt er schon 5 Jahre auf Platte. Eigentlich ginge es ihm ganz gut, denn solang es Bücherschränke gebe würde ihm die Unterhaltung nicht ausgehen. Ich stutzte schon ein wenig und seine Geschichte fing an mich zu interessieren.

Er verlor vor Jahren seine Frau bei einem Autounfall und dann nahm das Schicksal seinen Lauf.  Er vernachlässigte seine Arbeit, verlor seine Wohnung und wollte alles hinter sich lassen. Den Verlustschmerz einfach vergessen und flüchtete sich in den Alkohol.

Das Leben auf der Straße sei zwar hart, meinte er, aber man lernt sehr viel. Mittlerweile trinkt er keinen Alkohol mehr. Man gewöhnt sich an vieles, auch an die Kälte erzählte er. Er leiht sich oft ein oder zwei Bücher aus und liest auch den Kumpels von der Straße mal ein paar Kurzgeschichten vor. Es sei wichtig, das man den Geist nicht einschlafen lässt. Das die Menschen die an einem vorbei gehen ihn manchmal auch beschimpfen oder bespucken, sei nicht schön, aber er habe Mitleid mit solchen Menschen… Ich traute meinen Ohren nicht. Mitleid mit den Menschen die seine Würde mißachten, das nenne ich echte Größe.

Ich fragte ob er denn irgendetwas bräuchte oder ich ihm irgendwie oder womit helfen könnte. Er lächelte und verneinte es. Wenn ich was für ihn tun möchte, dann sollte ich doch weiterhin den Menschen auf Platte einen guten Tag wünschen und ein Lächeln schenken, er hat alles was er braucht.

Aber wenn ihr mal im Raum Minden unterwegs seid und einem Mann mit einem Buch auf einer Parkbank seht. Nehmt Euch ein wenig Zeit!

Danke an den Professor auch für den Fall das wir uns nicht noch einmal begegnen werden. Es wird mir immer in Erinnerung bleiben.

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